Evangelische Kirchengemeinde Treis / Lumda

Musikalischer Glücksgriff für die Gemeinde

Daniela Werner ist seit 2002 Kirchenmusikerin in Treis, zunächst nur zu 40 Prozent, ab 2006 nach Beendigung ihres Studiums der Kirchenmusik als hauptamtliche Vollzeitkraft. Sie ist für alle musikalischen Fragen innerhalb der Gemeinde zuständig, begleitet Gottesdienste und leitet Chöre. Seit September diesen Jahres ist sie auch Dekanatskantorin.

Tollkirche: Wie bist du Kirchenmusikerin geworden?

Daniela Werner: Zur Kirchenmusik bin ich über Umwege gekommen. Ich wusste immer schon, dass ich Musikerin werden wollte und habe erstmal Musik mit Hauptfach Akkordeon und Gesangspädagogik studiert, habe Schüler unterrichtet, den Chor Voice Factory und das Grünberger Akkordeonorchester geleitet. Zufällig bin ich dann an einen Kirchenchor geraten. Mit Kirche hatte ich bis dahin seit meiner Konfirmation nichts mehr zu tun gehabt. Neben dem Kirchenchor in Nieder-Ohmen habe ich mit der Zeit mehr Aufgaben übernommen und hatte bald eine kleine nebenamtliche Stelle. Irgendwann dachte ich dann, das würde ich gerne noch mal studieren. Über die Kirchenmusik habe ich also auch wieder den Zugang zur Kirche gefunden.

Tollkirche: Wie bist du dann als Kirchenmusikerin in Treis gelandet? 

Daniela Werner: Die ursprünglich nebenamtliche Stelle in Treis wurde für Jens Amend zu einer hauptamtlichen Stelle aufgestockt. Allerdings war Jens Amend schon woanders, bis die Stelle freigegeben wurde, und so übernahm die damalige Dekanatskantorin Günna Reimer einen Teil der Aufgaben bis Christiane Willand-Keßler gewonnen werden konnte. Zum ersten Mal fiel mein Name, als Pfarrer Lenz jemanden suchte, der sowohl die klassische Kirchenmusik als auch moderne Stilrichtungen ausfüllen könnte und Günna Reimer mich vorschlug. Ich hatte gerade mein Studium angefangen. Als Christiane Willand-Keßler Ende 2002 das Dienstverhältnis beendete, weil sie näher an ihrer Heimat eine andere Stelle gefunden hatte, rief mich an Andreas Lenz schließlich an.

Tollkirche: Wann hast du denn überhaupt angefangen, Musik zu machen?

Daniela Werner: Wie die meisten habe ich in der Grundschule Blockflöte gelernt, dann wurde aus der Blockflöte eine Melodika. Als Achtjährige bin ich zum Akkordeon gekommen, mit elf Jahren habe ich das Klavierspielen begonnen. Zwei Jahre später hatte ich den ersten Querflötenunterricht und relativ spät, mit etwa 16 Jahren, habe ich auch noch Orgelunterricht genommen.

Tollkirche: Wolltest du als Kind schon immer Musikerin werden?

Daniela Werner: Ja, ich wusste schon ab dem fünften Schuljahr, dass ich was mit Musik machen will.

Tollkirche: Gab es auch einen Plan B, wenn es mit der Musik doch nichts geworden wäre?

Daniela Werner: Die Alternative wäre irgendetwas mit Sprachen gewesen. Nach meinem ersten Musikstudium habe ich sogar ein Semester in Frankfurt Sprachen studiert, weil ich mir unsicher war, ob ich den Job als Kirchenmusikerin mit den unregelmäßigen Arbeitszeiten tatsächlich machen wollte. Den Studienplatz für Kirchenmusik in Frankfurt hatte ich natürlich schon abgesagt, obwohl ich eine Zusage bekommen hatte. Glücklicherweise hat der Dekan mir aber erlaubt, ein Semester später doch noch einzusteigen.

Tollkirche: Was hat dich letztlich doch dazu gebracht, zur Kirchenmusik zurückzukehren?

Daniela Werner: Nachdem mein Nachfolger in Nieder-Ohmen gefunden worden war, bin ich noch einmal in die Kirche gegangen und habe Orgel gespielt. In dem Moment wurde mir klar, dass es einfach das ist, was ich in meinem Leben machen will und an dem wirklich mein Herz hängt.

Tollkirche: Gibt es etwas, das dich an deinem Job dennoch stört? 

Daniela Werner: Das einzige, was mich manchmal nervt, ist die Arbeit, die ich auch im Büro am Schreibtisch verbringen muss. Da fällt viel Arbeit an, die man von außen nicht sieht und gefühlt nimmt das oft zu viel Zeit in Anspruch: Recherche von Stücken für die Chöre, Noten arrangieren und Termine koordinieren.

Tollkirche: Was macht dir dafür am meisten Spaß?

Daniela Werner: Am meisten Spaß macht es mir, Musik mit anderen zu entwickeln und zu sehen, was dabei herauskommt, zum Beispiel bei der Chorarbeit. In Chöre steckt man zwar unheimlich viel Arbeit hinein, aber man bekommt auch sehr viel zurück, wenn man merkt, wie ein Stück Gestalt annimmt und die Sänger über sich hinaus wachsen. Dann das Ergebnis zu hören, ist für mich der größte Lohn. Auch sehr schön finde ich die Vielfalt meiner Arbeit vom geistlichen Lied bis zur Popmusik und Musicals und vom Kinderchor bis zum Kirchenchor, es ist einfach alles drin. Sehr gerne mache ich auch nicht ganz alltägliche Projekte, wie Musicals mit dem Jugendchor oder Konzerte mit Orgel und Schlagzeug. Selbst im Kirchenchor singen wir nicht nur Choräle, sondern auch mal afrikanische Gospels, sodass in Treis die ganze Bandbreite an Genres zum Tragen kommt.

Tollkirche: Kannst du einen typischen Arbeitstag beschreiben?

Daniela Werner: Einen typischen Arbeitstag gibt es eigentlich nicht. Jeder Tag besteht natürlich meist vormittags aus Schreibtischarbeit, enthält aber auch Phasen, in denen ich unterrichte oder selbst musiziere und schließlich Phasen, die ich mit anderen beim Musikmachen verbringe – oft natürlich nachmittags und abends. Dafür dass ich häufig bis 10 Uhr abends unterwegs bin, kann ich mir aber morgens Freiräume schaffen und zum Beispiel ausschlafen. Die Wochenenden dagegen sind immer anders – mal voll mit Terminen und mal nur ein Gottesdienst, was die ganze Arbeit aber auch abwechslungsreich und spannend macht.

Tollkirche: Wie wählst du denn die Stücke aus, die du mit den Chören singen willst?

Daniela Werner: Manche Stücke hört man irgendwo und denkt sofort, das will ich mit einem Chor auch mal aufführen – so ging es mir zum Beispiel mit dem Brahms-Requiem. Oft ergibt sich das aber auch durch eine Internetrecherche.

Tollkirche: Was muss man denn mitbringen, um in einem deiner Chöre mitzusingen?

Daniela Werner: Ganz oben steht natürlich der Spaß am Singen. Alles andere ist nachrangig und kann gelernt werden. Ich denke, jeder Mensch kann – mehr oder weniger schön – von Natur aus singen. Die Entwicklung der Stimme kommt dann durch die Übung im Chor. Grundsätzlich ist jeder willkommen und ich würde keinem abraten, in die Chorprobe zu kommen – außer wenn gesundheitliche Gründe, wie eine Kehlkopfkrankheit vorliegen. Wegschicken musste ich bisher noch niemanden.

Tollkirche: Welche Musik hörst du gerne in deiner Freizeit?

Daniela Werner: Das geht querbeet von Klassik bis lateinamerikanischer Musik und ist abhängig von der Stimmung, Manchmal ist es auch sehr angenehm, zum Beispiel Bryan Adams oder die Wise Guys zu hören, wo ich mich gut entspannen kann ohne viel über die Musik nachdenken zu müssen. Was ich nicht höre, ist Techno, Gothik oder Volksmusik.

Tollkirche: Was machst du gerne, wenn du mal gar nichts mit Musik zu tun hast? Gibt es so Momente überhaupt?

Daniela Werner: Ich lese gerne englische Bücher oder schaue englischsprachige Filme. Wenn ich Zeit habe, lege ich gerne einen Wellness–tag mit Sauna ein, fahre Fahrrad oder treffe mich mit Freunden.

Tollkirche: Im kommenden Jahr soll in Treis die Orgel renoviert werden. Freust du dich darauf?

Daniela Werner: Auf jeden Fall! Das wird klanglich ein Riesenunterschied sein. Die Tasten werden etwas leichtgängiger zu spielen sein; das obere Manual stößt momentan an seine Grenzen, sobald ein Stück etwas schneller ist. Besonders freue ich mich aber, wenn die Orgelwalze wieder eingebaut werden sollte. (Anmerkung der Redaktion: Weitere Informationen auf Seite 8.)

Tollkirche: Du bist kürzlich zur Dekanatskantorin ernannt worden. Was ändert sich dadurch für deine Arbeit in Treis?

Daniela Werner: Ich hatte ja vorher auch schon einen kleineren Anteil meiner Stelle im Dekanat, was sich jetzt natürlich etwas verschiebt. Wir haben daher in Treis geschaut, welche Aufgaben man reduzieren kann, ohne dass es den Gruppen innerhalb der Gemeinde schadet. Das war zum einen die musikalische Früherziehung, die erst einmal gestrichen wurde. Einmal im Monat stehe ich dann noch für Gottesdienste im Dekanat zur Verfügung, also bei dekanatsweiten Gottesdiensten oder bei besonderen Gottesdiensten in den Gemeinden.

Andere dekanatsweite Aufgaben habe ich auch vorher schon übernommen, jetzt liegen diese aber auch offiziell in meiner Zuständigkeit (z.B. das Collegium vocale). Neu kommt für mich noch hinzu, dass ich mich um die Orgeln im Dekanat kümmere und die nebenamtlichen Kirchenmusiker in den Gemeinden berate. In musikalischen Fragen können sich die Gemeinden direkt an mich wenden, wenn es zum Beispiel um die Einführung einer neuen Liturgie oder die Gründung einer Ansinggruppe geht.

Tollkirche: Was wünschst du dir für die Zukunft?

Daniela Werner: Wenn ich mir anschaue, was in Treis musikalisch alles passiert, bin ich stolz auf das, was bisher geleistet wurde und wünsche mir, dass diese Arbeit fortgesetzt wird. Es gibt unheimlich viele Menschen in Treis, die Musik machen. Die Chöre haben hier im Gegensatz zu anderen Gemeinden kaum Mangel an Sängern. Dazu trägt natürlich auch die Projektarbeit bei, also Projektchöre für Sommerfestivals oder die Ansinggruppe für die meditativen Abendgottesdienste, in denen sich Menschen nicht dauerhaft verpflichten, mitzusingen. Durch diese Schnuppermöglichkeit habe ich schon viele neue Sänger für den Kirchenchor gewonnen. Das betrachte ich daher sowohl in Treis als auch auf Dekanatsebene als sehr wichtiges Angebot, um Menschen für Musik und Singen zu begeistern.

Nach oben scrollen